Topthema aus der Gemeinderatssitzung: die Grundsteuer | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Topthema aus der Gemeinderatssitzung: die Grundsteuer

In seiner öffentlichen Sitzung Ende November fasste der Gemeinderat einen Beschluss über den künftigen Grundsteuer-Hebesatz der Stadt Neckarbischofsheim. Grund für die Novelle der Grundsteuer ist ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2018, in dem das Gericht die Bewertungsvorschriften für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärte. Seine Entscheidung begründete das BVerfG damit, dass das Festhalten des Gesetzgebers am Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen führe, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gebe.

Mit dem Beschluss wurde gleichzeitig bestimmt, dass der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen hatte. Diese Verpflichtung wurde durch die Verknüpfung des Grundsteuerreformpakets des Bundes im November/Dezember 2019 erfüllt. Damit durften und dürfen die bisherigen Bewertungsregeln noch für eine Übergangszeit bis 31. Dezember 2024 angewandt werden.

Außer dem eigentlichen Grundsteuerreformgesetz war auch eine Grundgesetzänderung Teil des Reformpakets. Der geänderte Artikel 105 Abs. 2 des GG ermächtigt die Länder nun, vom Grundsteuerrecht des Bundes (Bundesmodell) abzuweichen. Von dieser Länderöffnungsklausel machten mehrere Bundesländer Gebrauch. Zu ihnen gehört das Land Baden-Württemberg. Dort beschloss der Landtag am 04. November 2020 das Landesgrundsteuergesetz (LGrStG).

Für das Grundvermögen (Grundsteuer B) hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg mit einem modifizierten Bodenwertmodell einen eigenen Weg gewählt. Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem - vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten - Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht relevant. Das bedeutet: In Baden-Württemberg bleibt die Bebauung eines Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert auf der Ebene der Bewertung unberücksichtigt. Der sich ergebende Grundsteuerwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) wird mit der sogenannten Steuermesszahl, für die insbesondere für bebaute Wohngrundstücke ein Abschlag von 30% vorgesehen ist, vervielfacht.

Bei der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) hat der Landesgesetzgeber das Bundesmodell übernommen. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis eines typisierenden durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Während im bisherigen Recht bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Wohngebäude der Betriebsinhaber, seiner Familienangehörigen und die Altenteiler bei der Grundsteuer A mitbewertet worden sind, werden diese zukünftig als eigenes Grundsteuerobjekt bei der Grundsteuer B bewertet. Aufgrund der neuen, ab 2025 geltenden Bemessungsgrundlagen waren vom Gemeinderat auch die Hebesätze 2025 neu zu beschließen.

Aufkommensneutralität - keine Erhöhung des gesamten Grundsteueraufkommens

Der Vorschlag der Verwaltung bei der Sitzung sah vor, dass es durch die Grundsteuerreform nicht zu einer Erhöhung des Grundsteueraufkommens gegenüber dem Jahr 2024 kommt. Es war somit vorgesehen, den Hebesatz und das zu erwartende Grundsteueraufkommen so zu kalkulieren, dass die sogenannte „Aufkommensneutralität“ gegeben ist. Die im Vorfeld immer wieder gehörte Kritik, die Stadt wolle sich die Taschen vollstopfen, ist also ebenso falsch wie leicht widerlegbar.

In der Sitzung schlug Kämmerin Marion Adams dem Gremium als Hebesatz für die Grundsteuer B 332 % vor. Ein guter Wert, wie ein Blick in das sogenannte Transparenzregister belegt. Am 09. September 2024 hat das Finanzministerium für die Grundsteuer B dieses Register veröffentlicht:

(https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/steuern/grundsteuer-dossier/transparenzregister). Dort können Steuerpflichtige für die bestimmte Gemeinde eine Bandbreite an möglichen Hebesätzen abfragen, die aus Sicht des Finanzministeriums zur Aufkommensneutralität führt. Das Transparenzregister wurde seit seiner Veröffentlichung bereits einmal aktualisiert, so dass sich die Werte u.U. auch hier noch ändern. Für die Stadt Neckarbischofsheim wird darin aktuell ein Hebesatzkorridor von 313 v.H. bis 345 v.H. ausgewiesen. Der von der Verwaltung ermittelte aufkommensneutrale Hebesatz für die Grundsteuer B bewegt sich damit innerhalb des Hebesatzkorridors.

Grundsteuer A: Das Grundsteueraufkommen 2024 aus der Grundsteuer A beträgt, ohne Nachzahlung für frühere Jahre, aktuell rund 38.000 Euro. Für das Jahr 2025 sind vom Finanzamt bisher Messbeträge in Höhe von insgesamt 5.723,85 Euro festgesetzt worden. Das entspricht einer Rückläuferquote zum 14.11.2024 von 67%. Zuzüglich noch festzusetzender Messbeträge und abzüglich zukünftiger Änderungen, beispielsweise durch die Entscheidung über beim Finanzamt eingegangene Einsprüche, rechnet die Verwaltung für 2025 mit einer Messbetragssumme von rund 6.800 EUR. Die endgültige Messbetragssumme kann sich, in Abhängigkeit von ausstehenden Grundsteuermessbescheiden und der Unwägbarkeit durch eingegangene Einsprüche, gegenüber dem aktuellen Stand noch verändern.

Auf der aktuellen Grundlage würde das Grundsteueraufkommen 2024 bei der Grundsteuer A im Jahr 2025 mit einem Hebesatz von 555% erreicht werden.

Bürgermeister Seidelmann: „Es gibt Gewinner und es gibt Verlierer!“

Die bereits erwähnte Aufkommensneutralität bezieht sich ausschließlich auf das Grundsteueraufkommen in einer Gemeinde insgesamt, nicht jedoch auf die Höhe der Grundsteuer für den einzelnen Steuerpflichtigen. Sinngemäß könnte man sagen, dass die Aufkommensneutralität lediglich eine Aussage darüber trifft, ob man als Gemeinde mit Inkrafttreten der Reform in etwa genauso viele Einnahmen aus der Grundsteuer anstrebt wie zuvor. Auch bei einer aufkommensneutralen Gestaltung wird es jedoch trotzdem zwangsläufig Verschiebungen im Hinblick auf die zu zahlende Grundsteuer je Steuerpflichtigen geben. Demnach werden manche Steuerpflichtige, auch bei einer aufkommensneutralen Hebesatzgestaltung, mehr bezahlen müssen als bisher und andere wiederum weniger als bisher. Dieser Umstand wird häufig als sogenannte „Belastungsverschiebung“ beschrieben. Die Belastungsverschiebung ergeben sich insbesondere zwischen verschiedenen Grundstücksarten. Bürgermeister Seidelmann brachte es in der Sitzung auf den Punkt: „Es wird bei der neuen Grundsteuer Gewinnen geben, aber auch Verlierer.“ Letzteres seien vor allem Hauseigentümer mit einem großen Grundstück, auf dem nur ein einzelnes älteres Haus steht – auf dem Land ja keine Seltenheit. Richtig zur Kasse gebeten werden auch Eigentümer unbebauter (Wohn)Baugrundstücke. Gewinner sind Teileigentümer in Mehrfamilienhäusern sowie Eigentümer von Gewerbegrundstücken.

Die Höhe der Belastungsverschiebungen im Bereich der Grundsteuer B ist auch Ausdruck des Bodenwertmodells des Landesgrundsteuergesetzes, bei dem die Gebäudewerte nicht berücksichtigt werden. Da ausschließlich die Bodenwerte maßgeblich sind, führt bspw. eine Bebauung mit einem hochwertigen Neubau zu keiner höheren Grundsteuerbelastung für den Steuerpflichtigen, andererseits führt jedoch auch ein eher einfaches und altes Gebäude für den Steuerpflichtigen auch nicht zu einer geringeren Grundsteuerbelastung.

Wichtige Info für die Gewerbetreibenden: Der Gewerbesteuer-Hebesatz bleibt unverändert.

Hier noch einige Fragen und die Antworten zum Thema Grundsteuer, die für viele Eigentümer wichtig sind:

-Wann gehen die Steuerbescheide zu?

A: Bescheide werden den Steuerpflichtigen Anfang 2025 zugestellt

-Einspruch gegen Grundsteuerwertbescheid vom Finanzamt eingelegt, dennoch Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung der Stadt. Muss ich zahlen?

A: Einspruch ruht, das Erhebungsverfahren läuft ganz normal weiter, die Grundsteuer muss gezahlt werden

-Ist Widerspruch gegen den kommunalen Grundsteuerbescheid sinnvoll?

A: Nur wenn z.B. ein falscher Grundsteuermessbetrag verwendet wurde (was aufgrund automatisierter Übermittlung mittels Datenträgeraustausch fast ausgeschlossen werden kann), sollte Widerspruch eingelegt werden. Gegen die eigentliche Berechnungsgrundlage – den Grundsteuerwertbescheid - musste bereits beim Finanzamt innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden.

Achtung: Widerspruch bei Kommune ist kostenpflichtig, sofern keine Aussicht auf Erfolg besteht. Ein Widerspruch mit dem Argument der Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer B ist daher nicht angezeigt! Am besten bevor Widerspruch eingelegt wird: Rathaus anrufen!

Wichtig: Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung – die Grundsteuer muss also dennoch bezahlt werden.